Wie sozial können Sozialgerichte sein?

Widersprüche in der Rechtsprechung führen zur Ungleichbehandlung. Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft müssen nach einem sogenannten Schlüssigen Konzept hergeleitet werden. Das wird sozialgerichtlich überprüft. Es ist z.B. nachvollziehbar, wenn Sozialgerichte darauf achten, dass die Mietobergrenzen die aktuellen und lokalen Verhältnisse des Wohnungsmarkts widerspiegeln, dass sie den gehobenen Standard ausschließen und dass zu ihnen auch Wohnungen am Markt anmietbar sind. Einige Sozialgerichte akzeptieren aber – je nach Kammer - nur Mietobergrenzen, die als Bruttokaltmietengrenzen formuliert sind, zu deren Herleitung Bestandsmieten verwendet wurden oder die den „Höchstwerten der Wohngeldtabelle +10 %“ entsprechen. Das widerspricht sich. Denn mit Bruttokaltmietengrenzen kann man den gehobenen Standard nicht ausschließen, zu Bestandsmieten kann man nicht mehr unbedingt Wohnungen aktuell anmieten und die Wohngeldtabelle spiegelt nicht die aktuellen und lokalen Verhältnisse des Wohnungsmarkts wider. Man kann also nicht alle Anforderungen gleichzeitig erfüllen. Wer aber versucht, jedem Richter ein anderes Konzept vorzulegen, hat keins mehr.

Das neue empirica-Paper „Wie sozial können Sozialgerichte sein?“ appelliert an die zuständigen Sozialrichter: Bitte sprechen Sie mit Ihren Fachkollegen! Formulieren Sie, welches (machbare) Vorgehen Leistungsträger anwenden müssten, damit Mietobergrenzen rechtssicher von allen zuständigen Sozialgerichtskammern akzeptiert werden. Bei sich widersprechenden Forderungen beschränken Sie sich bitte auf die wichtigsten. Und bitte bedenken Sie die Konsequenzen Ihrer Urteile: Wenn Ihr Urteil deutschlandweit verbindlich wäre, wäre im Sinne der Bedürftigen dann wirklich alles gut?!  Hilfreich wäre, wenn wieder die Bedarfsdeckung - nicht mehr die Methodik der Herleitung – im Fokus der Rechtsprechung stünden.

Download: empirica paper Nr. 252a