Wohnungsmarktbericht Sachsen‐Anhalt 2018

Im Auftrag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen‐Anhalt hat empirica eine Studie zum Wohnungsmarkt des Landes erarbeitet.

Eine neue Leerstandswelle kommt

Trotz sinkender Einwohner- und Haushaltszahlen ist in Sachsen-Anhalt weiterhin und auch flächendeckend Neubau erforderlich. Abgesehen von den Oberzentren gibt es landesweit zwar kaum einen quantitativ erforderlichen Neubaubedarf. Vielmehr ergibt sich die Masse des Neubaubedarfs allein aus Ersatzbedarf bzw. qualitativer Zusatznachfrage: Das ist Neubau, den eher gut verdienende Haushalte mit höheren Ansprüchen nachfragen, die im vorhandenen Bestand keine für sie adäquaten Wohnungen finden. In der Folge wird der Leerstand künftig wieder ansteigen. Zum einen wegen der demographischen Entwicklung – und damit selbst ohne jeglichen Neubau. Zum anderen wegen des Neubaus, der überwiegend Ersatzbedarf darstellt und damit eine rein qualitative Zusatznachfrage befriedigt.

Empfehlung: Zielkonflikte entschärfen

Der Wohnungsmarkt von Sachsen-Anhalt hat zwei Probleme: die Abwanderung in andere Bundesländer und die Entleerung der ländlichen Räume in Richtung der regionalen Schwarmstädte des Landes. Dadurch steigt in den Schwarmstädten die Nachfrage nach Wohnungen aber auch nach Kindertagesstätten, Schulen, ÖPNV, Einzelhandel, Gastronomie. In den Herkunftsgebieten hingegen sinkt die Nachfrage nach öffentlichen und privaten Dienstleistungen. Wachstumsschmerzen auf der einen, Schrumpfungsschmerzen auf der anderen Seite sind die Folge.

Aus dem Schwarmverhalten folgt vor allem ein Zielkonflikt: Sie macht jede Wohnungspolitik zweischneidig. Eine offensive Angebotspolitik, die zu einem attraktiveren Wohnungsangebot und zu niedrigeren Mieten in den Schwarmstädten von Sachsen-Anhalt und anderswo führt, verstärkt heute die Binnenwanderung und damit das Ausbluten der anderen Regionen. Es muss daher immer wieder hinterfragt werden, ob und welcher Einsatz von Bundes- und Landesmitteln zugunsten der Schwarmstädte gerechtfertigt ist. Letztlich bezahlen sonst die Abwanderungsregionen ihren eigenen Schwund indirekt auch noch mit. Der Zielkonflikt zwischen Schwarmstädten und schrumpfenden Regionen könnte jedoch zu beiderseitigem Vorteil vermindert werden, wenn es gelänge, die Abwanderung (junger Menschen) in die Schwarmstädte abzuschwächen. Den Abwanderungsregionen bliebe ihr Nachwuchs erhalten, die Schwarmstädte würden entlastet.

Konsequenz: Machen lassen, aber behutsam lenken

Die Konsequenz sollte daher nicht darin bestehen, den potentiellen Eigenheimern auf dem Lande ihren (realisierbaren!) Wohnwunsch zu verwehren. Im Gegenteil ist es erfreulich, wenn die Menschen so wohnen können, wie es ihren Vorstellungen entspricht. Gleichwohl muss Vorkehrung dafür getroffen werden, dass (weniger attraktive) Wohnungsbestände nicht flächendeckend leer fallen und in der Folge ganz erheblich die Attraktivität des Wohnumfeldes beeinträchtigen. Das gilt erst Recht, wenn es sich um innerörtliche Bestände handelt. Rückbau und Abriss oder Umnutzung innerörtlicher Leerstände sollte gerade in Schrumpfungsregionen immer Priorität haben vor Neubausiedlungen am Stadtrand. Der einzelne Haushalt wird immer den Weg des geringeren Widerstandes suchen und damit in den Neubau auf der grünen Wiese am Stadtrand ziehen, wenn er seine Wohnwünsche schnell und kostengünstig erfüllen will. Es ist daher eine Aufgabe der Gemeinschaft, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass dadurch keine leeren Donut-Dörfer oder -Städte entstehen. Geeignete Maßnahmen wären zum Beispiel unterstützende Informationen, fachliche Begleitung oder Abriss- und Umbauprämien.

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