Evaluierung der Wohngeldreform 2016


In der Studie wird die Entwicklung des Wohngeldes im Zeitraum 2009 bis 2015 analysiert und der daraus resultierende Reformbedarf (inkl. Ex-ante-Erwartungen) dargestellt sowie eine Ex-post-Wirkungsanalyse der Wohngeldreform 2016 durchgeführt. Außerdem werden die Regelungen zu den Mietenstufen und den Höchstbeträgen für Miete und Belastung analysiert.

Aufgabe des Wohngeldes

Wohngeld unterstützt einkommensschwache Haushalte bei der Finanzierung von angemessenem und familiengerechtem Wohnraum. Es wird geleistet, damit einkommensschwächere Haushalte mit Einkommen oberhalb des Grundsicherungsniveaus ihre Wohnkosten tragen können. Sowohl Mieterhaushalte (Mietzuschuss) als auch selbstnutzende Eigentümer (Lastenzuschuss) können Wohngeld beantragen. Wohngeld wird als Zuschuss gezahlt, d. h. die Haushalte müssen weiterhin einen Teil der Wohnkosten aus eigenem Einkommen tragen. Ziel des Zuschusses ist es, die Wohnkostenbelastung der geringverdienenden Haushalte zu senken.

Gründe für schwankende Zahl der Wohngeldhaushalte

Nominal steigende Einkommen führen im Wohngeld dazu, dass die durchschnittliche Höhe des Wohngeldes im Zeitverlauf sinkt und bei einem Teil der bislang wohngeldberechtigen Haushalte kein Anspruch auf Wohngeld mehr besteht. Diese Haushalte „wachsen“ aus dem Wohngeldsystem heraus. Nominal steigende Mieten bewirken, dass ein Teil der Haushalte seinen existenzsichernden Bedarf gemäß den Bestimmungen der Grundsicherung mit dem Wohngeld nicht mehr decken kann, die entsprechenden Haushalte wechseln in das Leistungssystem der Grundsicherung. Diese Dynamik wird dadurch verstärkt, dass die SGB-Regelsätze jährlich angehoben werden. Aus diesen Gründen geht die Zahl der Wohngeldhaushalte im Zeitverlauf nach einer Wohngeldreform zurück und steigt erst mit einer erneuten Anhebung des Leistungsniveaus des Wohngeldes wieder an. So waren auch seit dem Jahr 2010 ein kontinuierlicher Rückgang der Wohngeldhaushalte sowie sinkende Wohngeldansprüche festzustellen. Vor diesem Hintergrund bestand im Jahr 2015 Bedarf für eine Wohngeldreform, um einen weiteren Rückgang der Reichweite des Wohngeldes zu verhindern.

Elemente der Reform 2016 (2020er Reform nicht evaluiert)

Zentrale Elemente der Wohngeldreform zum 1. Januar 2016 waren die generelle Anhebung des Leistungsniveaus mittels entsprechender Anpassungen der Wohngeldformel, die Anhebung der Höchstbeträge für Miete oder Belastung sowie weitere Verbesserungen bei den Freibeträgen, Abzugsbeträgen und Pauschbeträgen. Das Mietenkonzept des Wohngeldes ist die Bruttokaltmiete, jedoch wurden gestiegene Kosten für Heizung und Warmwasser implizit durch eine stärkere Anhebung des allgemeinen Leistungsniveaus berücksichtigt. Zudem wurden die Mietenstufen neu festgelegt.

Quantitative Wirkung der Wohngeldreform 2016

Die quantitative Wirkung der Wohngeldreform 2016 wurde in der Studie auf Grundlage von Ergebnissen eines Mikrosimulationsmodells bewertet. Der Mikrosimulation zufolge hätten ohne die Wohngeldreform im Jahr 2016 ca. 384.000 Haushalte Wohngeld erhalten. Tatsächlich erhielten nach der Wohngeldreform Ende 2016 rund 631.000 Haushalte Wohngeld. Durch die Wohngeldreform 2016 sind somit den Mikrosimulationen zufolge ca. 247.000 Haushalte in das Wohngeld hineingewachsen oder gewechselt. Das durchschnittliche monatliche Wohngeld der bisherigen Wohngeldhaushalte ist von 117 € ohne Reform auf 181 € um 64 € gestiegen und die Wohngeldausgaben haben sich auf 1.147 Mio. Euro im Jahr 2016 verdoppelt. Die Wohnkostenbelastung nach Wohngeld ist für Mieter um ca. 5 Prozentpunkte gesunken. Die Wohngeldreform 2016 hat somit einen wichtigen Beitrag geleistet, dass Wohngeld auch weiterhin seinen gesetzlichen Auftrag zur wirtschaftlichen Sicherung von angemessenem und familiengerechtem Wohnraum erfüllt.

Wohngeldreform 2020

Mit der inzwischen in Kraft getretenen Wohngeldreform 2020 werden zentrale Anregungen aus dieser Studie – z.B. die regelmäßige Anpassung der Höchstbeträge und der Wohngeldparameter sowie die Einführung einer weiteren Mietenstufe - bereits umgesetzt. Vor allem von der Dynamisierung des Wohngeldes ist zu erwarten, dass der bisherige „zyklische“ Rückgang der Empfängerzahlen zwischen den Wohngeldreformen in dem bisherigen Ausmaß künftig nicht mehr stattfinden wird.

Weiterer Forschungsbedarf

Weiterer Forschungsbedarf besteht im Hinblick auf mögliche Erweiterungen der Datengrundlagen zur Festlegung der Mietenstufen und der Höchstbeträge für Miete und Belastung im Wohngeldsystem. Die Wohngeldstatistik ist derzeit die einzige flächendeckend verfügbare amtliche und gemeindescharfe Datengrundlage, auf deren Basis die Festlegung der Mietenstufen möglich ist. Unklar ist jedoch, inwieweit die aktuelle Marktlage damit hinreichend berücksichtigt wird.

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